Die Bewertung von Daten dürfte sich in der digitalen Wirtschaft verändern. Spätestens wenn der Kunde nicht mehr bereit ist, seine Daten ohne Gegenwert herauszugeben, werden die Daten zum primären Wirtschaftsgut und zu einem teuren Rohstoff. Voraussetzung dafür ist, dass jeder den Wert der eigenen Daten kennt. In den Sozialen Medien gebe ich jeden Tag meine Daten weiter, nutze die Angebote auf der Plattform, ohne zu wissen, welchen Preis ich dafür bezahle.
Heute ist es so, als würden wir einkaufen gehen, am Eingang mit unseren Daten bezahlen und der Anbieter kann sich bedienen, so lange sich der Nutzer im Laden umsieht. Am Ausgang weiß der Nutzer nicht, wieviel er bezahlt und welche Daten sich der Betreiber genommen hat. Bei den Nutzern liegt der Fokus auf dem Konsum. Dabei vergessen sie, dass sie Informationen preisgeben und dass diese einen hohen Wert besitzen.
Bisher gibt es nur Schätzungen über den Wert dieser Daten, weil die Konzerne diese Information unter Verschluss halten. Der Wert eines Datensatzes variiert extrem je nach Verwendungszweck. So kann z.B. Amazon durch die Analyse des Einkaufsverhaltens höhere Umsätze generieren und damit einen höheren Datenwert erzielen. Daraus sollte jeder schließen, dass Daten immer einen finanziellen Gegenwert haben. Ein großer Zeitungsverlag hat durch das sogenannte „Pur-Abo“ den Spieß umgedreht. Die Leser können sich entscheiden, für das Modell „Geld statt Daten“ und sie erhalten dafür ein weitgehend werbefreies Angebot, das „ganz ohne Werbung und Werbetracking“ auskommen soll. Nur eine interne, allgemeine Nutzungsanalyse soll noch durchgeführt werden. Der Betrag zeigt in dem Fall, was das Tracking, das Erfassen meiner Daten dem Verlag wert ist.
Rohstoffe zu Tage fördern!
Durch ihre pure Existenz oder im Keller gestapelt, werden Daten nicht automatisch zu einem Unternehmenswert. Manche Unternehmen denken, dass Daten die modernen Kronjuwelen sind, die nur noch aus dem Archiv geborgen werden müssen, damit sie ihren Wert steigern. Jedoch gewinnen Daten erst ihren Wert durch Veredelung bzw. Verarbeitung, Anwendung und Austausch. Zu Beginn geht es darum durch konkrete Fragestellungen den Bedarf an Daten zu ermitteln. Dabei sollten die Fragestellungen auf die Kundenzentrierung ausgerichtet werden und nicht darauf, das eigene Produkt oder Dienstleistung zu optimieren. Anschließend kommt es darauf an, welche Datensätze für die Beantwortung der Fragen benötigt werden. Fehlende Daten lassen sich schnell – entweder durch Datenaustausch oder Kauf – erwerben. Die Gewinnung von Daten kann z.B. auch per Kundenbefragung erfolgen oder über einen Sensor, der bestimmte Verhaltensweisen misst. Soziale Netzwerke und Suchmaschinen erfassen große Datenmengen und stellen diese gegen Bezahlung zur Verfügung. Aus diesen Daten entstehen dann die Zielgruppen der Werbetreibenden.
Rohstoff – Veredelung!
Mit der schnellen Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) und Maschine Learning (ML) erweitern sich die Möglichkeiten zur Datenauswertung um ein Vielfaches. Daten, die vor ein paar Jahren noch irrelevant waren, können nun durch ML und Verknüpfung zu völlig neuen Erkenntnissen führen. Wie bei der Analyse von Mustern in historischen Daten, um Prognosen etwa für Windstromerzeugung, Verkehrsaufkommen und Extremwetterereignissen zu liefern.
Data-Sharing – Daten mit der Welt teilen?
Wenn wir in Zukunft klimafreundlicher Leben wollen und dafür intelligente und nachhaltige Städte entwickeln, braucht es Daten, um die Identität der Bewohner zu erfassen und dementsprechend die Gestaltung der Räume anzupassen.
Im Klimaschutz, der Medizin oder beim Thema Mobilität, wird es durch die gesellschaftliche Relevanz notwendig, gesetzliche Rahmenbedingungen festzulegen, um die Daten sicher zu teilen und einen Mehrwert daraus zu generieren. In der Medizin geben wir derzeit freiwillig unsere Daten weiter, damit z.B. für seltene Krankheiten Medikamente entwickelt werden können. Gerade in der Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig die Kontaktverfolgung durch die Corona Warn App war und ist und dass alle gewonnen Daten wichtig für die Forschung von Impfstoffen bzw. Medikamenten sind.
Der Datenaustausch gewinnt auch für Unternehmen und Organisationen immer mehr an Bedeutung. Gerade für KMUs ist die Datenteilung mit anderen Unternehmen bzw. Organisationen die Zukunft. Das Teilen innerhalb eines Ökosystems und deren Veredelung mit Analytics und KI, ermöglicht neue Anwendungen und Geschäftsmodelle für die einzelnen Partner.
Jedoch ist der Aufbau einer technischen Infrastruktur zur Erfassung und Verwertung von Daten sowie der zentralen Speicherung für einzelne Betriebe kaum umsetzbar.
Doch wie könnte ein Austausch funktionieren?
Im Wirtschaftsleben regeln Genossenschaften die Umsetzung von Verbundvorhaben. Das Identitätsprinzip stellt sicher, dass die Interessen der Mitglieder in den Mittelpunkt gestellt werden. So könnten Daten-Genossenschaften gemeinsam genutzte Datenräume schaffen. Bei Bauvorhaben können Pläne, Fortschritte, Ausschreibungen zentral verwaltet werden. Der Fortschritt besteht darin, die Daten zu kombinieren und damit z.B. Prognosen zu Trocknungszeiten und Baufortschritt zur Verfügung zu stellen.
Sichere Daten
Ein sicherer Datenaustausch zwischen Marktteilnehmern muss gewährleistet werden. Denn anders als ein Produkt, wechseln Daten nicht wirklich den Besitzer – sie sind eine „Leihgabe“ zu treuen Händen. Jeder muss sich darauf verlassen können, dass die eigenen Daten nur auf rechtmäßige Weise erhoben und verarbeitet werden dürfen. Jeder möchte, dass sein Eigentum nur zu dem Zweck verarbeitet wird, wofür vorher die Einwilligung gegeben wurde
Hierbei muss im Vorfeld eindeutig sein, wofür die Daten verwendet werden, ob diese weitergegeben und auch wie lange sie gespeichert werden. Wer zum Beispiel heute ein Auto kauft, willigt ein, dass alle Daten über das Fahrverhalten durch Sensoren gesammelt werden.
Besonders wichtig ist auch der Schutz vor Missbrauch, Verlust, Diebstahl. Und dass nur Berechtigte einen Zugriff auf die Daten bekommen.
Die DSVGO, auch Datenschutz-Grundverordnung ist zwar ein langes Wort, sie regelt jedoch sehr präzise die Datenverarbeitung von Unternehmen in der EU und der Unternehmen, die mit der Europäischen Union Geschäfte machen. Eine Aufgabe der neuen Bundesregierung wird es sein, rechtliche Grundlagen für den transparenten Datenaustausch weiter auszubauen, zu vereinfachen und neue Anforderungen zu entwickeln, damit Daten geteilt werden können. Im November 2021 verabschiedete die EU ein Gesetz, das den sicheren Austausch in sogenannten „Datenräumen“ ermöglicht. In der Pressemitteilung der EU heißt es: „Die Verordnung über Daten-Governance wird dafür sorgen, dass mehr Daten für die Wirtschaft und Gesellschaft in der EU zugänglich gemacht werden, und sie wird den Bürgerinnen und Bürgern wie den Unternehmen mehr Kontrolle über die von ihnen erzeugten Daten verschaffen.“ Damit werden Unternehmen in der EU von niedrigeren Kosten für den Erwerb, die Integration und die Verarbeitung von Daten profitieren.
Mein Fazit:
Als Kunde und als Verbraucher sollten wir uns über den Wert und den Umgang mit unseren Daten bewusst sein. Aber wir sollten einen Widerspruch auflösen: Anscheinend stellt jeder gerne kostenlos den großen amerikanischen Konzernen täglich einen riesigen Datenschatz zu Verfügung. Gleichzeitig schrecken aber viele bei der Corona-Warn-App oder der Digitalen Identität/Gesundheitskarte zurück. Dabei hilft uns unsere digitale Identität, unser Leben zu vereinfachen. Gleichzeitig helfen uns die aus den Daten gewonnenen Erkenntnisse, zum Beispiel auf Notsituationen wie Überschwemmungen und Waldbrände reagieren zu können und den Klimaschutz voranzutreiben.
Im Economist wurde einst getitelt, dass die Daten das Öl des 21. Jahrhunderts sind. Beides sind Rohstoffe, die erst verarbeitet werden müssen bis daraus ein Produkt, ein Geschäftsmodell entstehen kann. Anders als bei dem Rohstoff Öl wird der wunderbare Daten-Grundstoff nicht verbraucht, sondern erhält durch richtigen Einsatz den gewünschten Mehrwert.
Schauen Sie rein:
– www.chiefdigitalofficerkoeln.de
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