„Stillstand – Familienunternehmen holen keine Frauen in die Führung-“, titelte die AllBright Stiftung in ihrem Jahresbericht. So läge der Frauenanteil in den Geschäftsführungen der 100 umsatzstärksten deutschen Familienunternehmen gerade einmal bei 8,3 Prozent – und habe sich auch in den vergangenen zwei Jahren kaum bewegt. Jetzt fordern einige die Einführung einer Frauenquote. Aber ist sie wirklich die Lösung, um gemeinsam Erfolge zu schaffen? Und um ein vertrauensvolles Miteinander zu erreichen?
Die zwei Seiten der Medaille!
Auf meinen Reisen tauche ich gerne in Kulturen ein. Die Erfahrungen und Erlebnisse nehme ich mit nach Hause, um hier vor Ort etwas verändern oder anstoßen zu können. Insbesondere in Asien begegnet mir immer wieder ein Handeln auf Augenhöhe zwischen den Geschlechtern. Frauen übernehmen dort genauso selbstverständlich wie Männer die Verantwortung für Finanzen, das Familieneinkommen oder leiten Unternehmen – und das ganz ohne verordnete Frauenquote.
Sind es bei uns in Deutschland die männlichen Eigentümer von Familienunternehmen, die den Wert von gemischten Teams nicht sehen? Oder sind es die Frauen, die mehr Transparenz und eine differenzierte Ansprache benötigen, um den Mut zu bekommen, ein Unternehmen führen zu wollen?
Eine kleine persönliche Geschichte: Im September 2021 radelten mein Mann und ich mit geliehenen Pedelecs von München über Venedig bis nach Padua. Für uns beide war das eine Herausforderung, aber auf verschiedene Weise: für mich ein Planungsmarathon, für meinen Mann ein Sprung ins Abenteuer.
Unser Ziel war klar in Etappen eingeteilt und mit Puffer ausgestattet, sollte uns ein Planungsfehler unterlaufen sein. Zunächst fuhren wir mit dem ICE von Düsseldorf nach München, zum Startpunkt unserer Reise. Aber die erste Herausforderung lauerte schon vor der Abfahrt. Durch Streiks bei der Bahn wurden viele Züge gestrichen. Es musste schnell ein Plan B her. Nachdem Plan B stand, bekamen wir die Nachricht, dass unser Zug doch fährt. In München starteten wir planmäßig und bis zum Achensee lief auch alles rund. Doch gleich hinterm Achensee wartete die nächste Herausforderung: Es ging steil den Berg hinunter. Ich erkundigte mich bei einem anderen Radler, welche Erfahrung er gemacht hätte und wie man die steilen Abfahrten klug meistern könnte. Er fragte mich nach zusätzlichen Bremsen, was ich verneinte, dann gab er mir Tipps, wie ich eine Blockade verhindern könnte. Mit diesem Rat des Radprofis und dem eigenen Bauchgefühl folgend, mit voller Konzentration einfach machend, war die Hürde schnell überwunden.
Nach der Reise war ich stolz, 900 Kilometer auf einem geliehenen Pedelec geradelt zu sein. Zwischen den Etappen wanderten wir, sahen die Schönheit der Natur, waren dankbar für alles was uns begegnete und erlebten ein respektvolles Miteinander. Wir lernten während der Reise, dass wir das Ziel nur gemeinsam erreicht können, indem wir voneinander profitierten, jeder sich selbst treu bleibt und ein offener Austausch stattfindet. Das Verbinden von Intuition und Planung, gewürzt mit einer Portion Spontanität und Mut führt zu ungeahnten Chancen ein solches Projekt zu bewältigen und vor allem zu genießen.
Eigentlich genau wie im Berufsleben: Die einen legen einfach los, sammeln auf dem Weg ein, was sie für die Reise benötigen, andere informieren sich vorher, bereiten sich durch eine Ausbildung vor oder lernen unmittelbar von Profis, stellen die richtigen Fragen und wenn sie sich sicher im Sattel fühlen, übernehmen sie die Umsetzung.
Aber warum gelingt die unterschiedliche Herangehensweise, Blockaden aufzulösen, Hindernisse zu überwinden, zwischen Mann und Frau auf Reisen, in der Freizeit und wenn es um die Familie geht?
Dieser Frage bin ich auf den Grund gegangen und jeder Frau, der ich von meiner Reise erzählt habe, hat sich inspiriert gefühlt, ein ähnliches Abenteuer zu wagen. Vor einigen Jahren hätte ich von vielen Frauen noch die Antwort erhalten, das klinge alles sehr gut, aber ihnen fehle der Mut dazu. Jetzt stieß ich auf Interesse und meine Reise diente als Inspiration für eigene Ideen.
Veränderung!
Was hat sich verändert? Haben sich die weiblichen Führungspersönlichkeiten weiterentwickelt und die Unternehmen nicht? Scheuen sie die andere Herangehensweise und die direkten Fragen? Fehlt ihnen vielleicht der Mut andere Wege zu gehen? Oder denken Sie einfach nicht an die Transparenz im Bewerbungsprozess? Beim Karrieretag Familienunternehmen habe ich mit zwei Unternehmen diskutiert und siehe da: Mit meinen Vermutungen lag ich richtig.
In der Diskussion stellte sich bei einem sehr von Männern dominierten Unternehmen heraus, dass der Bewerbungsprozess eher leistungsorientiert ausgerichtet ist. Es geht in erster Linie darum, dass Ergebnis zu steigern und effizienter zu werden und nicht darum, klug die Herausforderungen anzugehen und das Unternehmen nachhaltig durch die Krisen zu steuern. Das spricht mehr Kandidaten an, die Herausforderungen als Etappen begreifen und Lücken eher als Ansporn sehen, die jederzeit geschlossen werden können. Fehlende Fähigkeiten und Ausbildung werden später auf dem Weg noch ergänzt.
Als Frau fühle ich mich nicht angesprochen. Ich will wissen, wohin sich das Unternehmen entwickeln möchte, welche Ziele gesetzt sind und was getan wird, um Ökonomie, Ökologie und gesellschaftliche Verantwortung in Einklang zu bringen. Ich stelle mir schon früh die Fragen: Bringen wir beide dieselben Werte mit und schauen wir in gleiche Richtungen?
Neugierig war ich auch bei einem anderen sehr bekannten Familienunternehmen die Gründe zu erfahren, das von der AllBright Stiftung als Unternehmen ohne Frauen in der Führung gelistet war. Es ging um die Frage, warum ein Beirat/Aufsichtsrat nicht divers besetzt ist, um als „Sparringspartner“ bei den Herausforderungen der Zeit die richtigen Antworten zu finden. Auch hier gestaltet sich die Herangehensweise bei beiden Geschlechtern oft unterschiedlich. Tendenziell bevorzugen Frauen einen transparenten Nominierungsprozess, eine gute Vorbereitung durch Aus- und Weiterbildung, sie bringen Digital-Expertise mit und schauen global über den Tellerrand. Dafür stellen sie kritische Fragen, um zu verstehen, wie das Unternehmen sich transformiert, um noch weitere Generationen bestehen zu können. Was wir aber derzeit gerade in Familienunternehmen immer noch vorfinden, ist, dass immer noch die Ingenieursleistung und die Finanzen im Vordergrund stehen und man mit „Gleichgesinnten“ eine Homogenität herstellt. So bleiben häufig neue Schwerpunkte/Spezialthemen wie z.B. neue digitale Geschäftsmodelle, Cyber Security, Nachhaltigkeit der Geschäftsprozesse oder der Blick von außen nur eine Zukunftsvision.
Mein Fazit:
Das Spiel „Frau versus Mann“ oder auch eine Frauenquote werden nicht den gewünschten Erfolg bringen. Stattdessen sollten wir, wie in einer guten Ehe, mit gegenseitigem Respekt und Rücksichtnahme die jeweils andere Art, Herausforderungen anzugehen, als Bereicherung sehen. Es ist wie bei einer Reise: Wenn der eine gut vorbereitet startet und der andere sich ins Abenteuer stürzt, kommen beide gemeinsam gut am gewünschten Ziel an.
Die Welt verändert sich: Wir werden nur so ein Gleichgewicht aus Ökonomie, Ökologie und gesellschaftlicher Verantwortung hinbekommen. Am Ende geht es darum, über Transparenz dem exponentiellen Wachstum von Technologien mit Mut und Zuversicht zu begegnen, um bessere Lösungen und die richtigen Antworten zu finden.
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