
Die Welt im Wandel: Kontrolle oder Zukunftđ
Mut zur Wahl: Was Rom zeigt â und deutschen AufsichtsrĂ€ten fehlt
In diesen Tagen richtet sich der Blick nach Rom: Das Konklave hat Papst Leo XIV gewĂ€hlt. Ein Mann, der den Weg seines VorgĂ€ngers Franziskus mitgegangen ist und ihn durch eigene Kompetenzen, Haltung und Ideen erweitert hat. Die KardinĂ€le haben ihm das Vertrauen geschenkt, dass er diesen Weg fortsetzen kann â als Oberhaupt, als Vermittler, als Friedenstifter.
Oft wird das Konklave als rĂŒckstĂ€ndig kritisiert â weil dort vor allem Ă€ltere MĂ€nner entscheiden. Doch es zeigt auch: Strukturen allein sind keine Barriere. Es kommt darauf an, wer seine FĂŒhrungsverantwortung bzw. Lösungskompetenz anbietet und möglichst viele fachlich und menschlich ĂŒberzeugt.
VerÀnderung entsteht durch Menschen, nicht durch Systeme
In deutschen AufsichtsrĂ€ten ist die Rollenverteilung klar: Der Vorstand fĂŒhrt, der Aufsichtsrat kontrolliert. Das schafft VerlĂ€sslichkeit â aber nicht automatisch ZukunftsfĂ€higkeit. Themen wie digitale GeschĂ€ftsmodelle, strategisches Marketing oder Zukunftsfinanzierung stehen hier selten im Mittelpunkt. Die Kompetenzmatrix folgt dem System â nicht dem Markt.
Gerade bei Neuausrichtung, digitaler Strategie oder internationaler Positionierung braucht es Menschen mit Weitblick, fachlicher StÀrke und der FÀhigkeit, andere mitzunehmen. Doch die bestehenden Strukturen erschweren es, dass sich strategisch denkende Kandidatinnen und Kandidaten sichtbar und wirksam positionieren können.
Im angloamerikanischen Raum ist das anders: Dort begleitet das Board die Unternehmensstrategie kontinuierlich. EigentĂŒmersicht, Marktmechanismen und Zukunftsfragen flieĂen direkt in Entscheidungen ein. Informelle Gremien wie Advisory Boards unterstĂŒtzen diesen Prozess â oft mit Blick auf Wachstum, Kapitalmarkt oder Neuausrichtung. So kann schneller und konsequenter entschieden werden.
Der Anspruch an AufsichtsrĂ€te verschiebt sich also â nicht so sehr in der Theorie, aber in der Praxis.
Neue Anforderungen treffen auf alte Muster
Zukunftsorientierung verlangt daher nach anderen Fragen:
- Welche Rolle spielt Marktpositionierung, digitale Transformation oder InnovationsfÀhigkeit im Aufsichtsrat?
- Wird strategische Kommunikation zur Pflichtkompetenz?
- Wie geht man mit Unsicherheit oder UmbrĂŒchen um, wenn Entscheidungen nicht mehr linear sind?
ESG-Kriterien, Klimawandel, Marktverschiebungen oder technologische UmbrĂŒcheâ das sind keine Nebenfragen, sondern Felder, in denen Verantwortung sichtbar wird. Wer hier mitdenkt, begleitet nicht nur sicher durch StĂŒrme, sondern hilft, die Segel neu zu setzen.
DiversitÀt als Zukunftsfrage
Vielleicht liegt es auch daran, dass strategisches Denken, Transformation und Kommunikation â oft StĂ€rken, die Frauen mitbringen â im klassischen KontrollverstĂ€ndnis kaum gefragt sind.
Das System wird sich nicht Ă€ndern. Aber eine klare Haltung, eine durchdachte Qualifikationsmatrix, nachvollziehbare Ziele und mehr Transparenz können dafĂŒr sorgen, dass mehr Frauen den Weg in die Gremien finden.
In meinem Zertifikatsstudiengang an der HWR Berlin zur strategischen Kompetenz fĂŒr den Aufsichtsrat habe ich viele Teilnehmerinnen erlebt, die in genau diesen Bereichen fundiert aufgestellt sind. Ihr Blick auf Strategie und Transformation ist stĂ€rker auf Gestaltung als auf Kontrolle ausgerichtet â und kann im bestehenden System bisher kaum Wirkung entfalten.
Gestalten innerhalb des Systems
Das dualistische System wird bleiben. Die entscheidende Frage ist daher: Wie kann der vorhandene Spielraum genutzt werden?
Manche Unternehmen haben die Segel neu gesetzt â viele bleiben auf dem alten Kurs
- Der Vorstandsvorsitzende wird zunehmend als CEO mit Einzelverantwortung und eigener Stimme gegenĂŒber dem Aufsichtsrat wahrgenommen.
- Strategische und digitale Fachkompetenz gewinnt bei der Auswahl neuer Mitglieder an Gewicht.
- VergĂŒtungsmodelle wandeln sich â als Reaktion auf gestiegene Anforderungen an Leistung, Qualifikation und strategische Mitwirkung.
- Familienunternehmen setzen vermehrt auf BeirÀte mit klarer strategischer Funktion.
Doch die Zahl der Unternehmen, die konsequent neue Wege gehen, bleibt gering. Der VerĂ€nderungsdruck wĂ€chst â aber er wird nur punktuell genutzt.
Zwei Stellschrauben mit Hebelwirkung
- Damit ein Vorstandsvorsitzender den Dialog mit Shareholdern und Stakeholdern wirksam fĂŒhren kann, braucht es ein Aufsichts- oder Beiratsgremium, das auch öffentlich als strategischer Partner wahrgenommen wird â genau dort, wo Positionierung im Wettbewerb entsteht. Nur so entstehen klare Antworten auf internationale Wettbewerbsdynamiken.
- Gleichzeitig gehört der Nominierungsausschuss ins Zentrum. Seine Auswahl entscheidet, ob eine VerÀnderung im System gelingt. Gefragt ist der Blick nach vorn: Neue Kompetenzprofile, Qualifizierung, Nachfolge und Effizienzmessung.
Papst Leo XIV hat vor seiner Wahl das Dikasterium geleitet, eine Institution, die sich um die Nachfolge von Bischöfen weltweit um die Bischofssynoden kĂŒmmert. Eine Aufgabe mit der Weichen gestellt werden konnten.
Mein Fazit:
In Rom war die Entscheidung möglich, weil der Weg klar war â und das gemeinsame Ziel. Vielleicht braucht es auch bei uns weniger Strukturdebatten und mehr Klarheit darĂŒber, wohin wir wollen. Mit mehr Frauen, mehr Perspektiven und einem Blick nach vorn.
Um vorausschauend zu handeln, sollte man nicht nur vor dem Sturm warnen.
Manchmal reicht es, leise zu sagen: Wir könnten anders navigieren.
Denken Sie strategisch Àhnlich? Dann lassen Sie uns ins GesprÀch kommen. Ich suche nicht die Sichtbarkeit eines SolitÀrs, sondern eine konstruktive Verbindung auf Augenhöhe.