Noch vor kurzem kaum denkbar: Mit ChatGPT, der Künstlichen Intelligenz, wird das Massenwissen aus der Weltbibliothek nun mund- und hirngerecht aufbereitet.
Den neuen ChatGPT von OpenAI habe ich direkt gefragt: „Wer bist du?“ Die Antwort: „Ich bin ChatGPT, ein großes Sprachmodell, das von OpenAI trainiert wurde. Im Vergleich zu einem einfachen Chatbot, der auf vorprogrammierten Antworten basiert, kann ich flexibel auf eine Vielzahl von Fragen und Anfragen reagieren und menschenähnliche Antworten generieren. Ich kann auch komplexere Aufgaben ausführen, wie z.B. Textzusammenfassung, Übersetzung, Textkomposition und vieles mehr.“
ChatGPT wurde mit Riesenmengen an Trainingsdaten aus dem World Wide Web gefüttert (natürliche Texte wie z.B. Bücher, Artikel, Webseiten) und einer höflichen, antirassistischen Sprache trainiert. Mit diesem Wissen ist die KI in der Lage, Verbindungen herzustellen und menschenähnliche Antworten zu generieren – sogar in jeder gewünschten Sprache („Kölsch“). Und so eignet es sich quasi als intelligentes „Schatten-Gehirn“ oder als Ghost Writer.
Die nächste Version ChatGPT 4 wird bereits im Februar 2023 mit erhöhter Qualität und Geschwindigkeit starten. Vermutlich wird diese Version in der Lage sein, Informationen /Daten usw. in Echtzeit aufzunehmen und davon zu lernen bzw. sie zu verknüpfen. Den Anwendern kann das nicht schnell genug gehen, möchten sie doch am liebsten schon jetzt, dass die KI schnell gewünschte Aufgaben übernimmt und fehlerfrei löst.
Markt der Möglichkeiten
Ähnliche, weniger leistungsfähige Systeme gibt es auch schon: Sie werden in der automatisierten Textgenerierung, in Chatbots und Sprachassistenten oder bei der Suchanfrage eingesetzt. Was sich mit ChatGPT aber jetzt geändert hat: Die echte KI ist nun auch im Wohnzimmer angekommen. Die einfache Bedienoberfläche und die Schnelligkeit machen die Anwendung für den Benutzer simpel. Man chattet mit der KI und bekommt ein menschliches Feedback. Durch die komfortable Anwendung der KI wird sie aber auch für Unternehmen interessant, um neue Geschäftsmodelle zu kreieren oder Prozesse zu automatisieren. So könnte zukünftig der Chatbot in wenigen Minuten im Hintergrund eine komplette Reise nach individuellen Bedürfnissen zusammenstellen, die der Kunde dann nur noch buchen muss.
Der Einsatz bei Social Media wie LinkedIn oder Meta wiederum ermöglicht den Plattformbetreibern zum einen das Aufbereiten und Verbreiten von Content, zum anderen die Eruierung von Themen der jeweiligen Zielgruppe und die Steuerung der Unternehmensalgorithmen bzw. das Verbreiten von Massen-Content. Hiermit wird es für den Benutzer immer schwieriger, zu beurteilen, nach welchen Kriterien die Inhalte ausgewählt werden.
Es ist alles bereits gesagt oder geschrieben
Die fachliche Bandbreite der Antworten, ihre Plausibilität, aber auch ihr menschenähnlicher Stil versetzte schon am ersten Tag Millionen von Usern in Ekstase – wie damals, als das erste Handy für alle zugänglich auf den Markt kam. Denn genau darin unterscheidet sich derzeit ChatGPT mit seiner benutzerfreundlichen Oberfläche von anderen Systemen.
Allerdings ist es nicht möglich, die eingegebene Menge an Daten zu validieren. Und so ist nicht garantiert, dass die erlernten Zusammenhänge und Antworten des Sprachmodells immer korrekt sind.
Doch wer kontrolliert die Echtheit der gegebenen Informationen bzw. Antworten? Wer kontrolliert die Verbreitung? Wer prüft, ob Informationen aus dem Zusammenhang gerissen und einer anderen Bedeutung zugeführt wurden? Spielt die Häufigkeit der Verbreitung der Eingabe bei der Fütterung des Systems eine Rolle? Oder wirkt sich aus, ob ein Geschlecht aktiver ist als das andere? Wer garantiert die Trainingsvielfalt? Oder die Ausrichtung nach ökonomischen Interessen?
Der Mensch muss also weiterhin überprüfen, ob die Zusammenhänge, die Ergebnisse, Formulierungen korrekt und angemessen sind – oder ob es sich um Fake-News handelt.
Geistiges Eigentum
Bald werden geschriebene Worte, sobald sie im Netz veröffentlicht sind, kurzerhand von einem Sprachmodell in Echtzeit gescannt und verarbeitet werden können. Damit stellt der Content-Geber kostenlos seine Informationen dem Unternehmen, das die KI betreibt, zur Verfügung. Derzeit ist die Nutzung von ChatGTP für alle kostenlos. Doch soll das laut Open AI nicht so bleiben. Microsoft und andere Unternehmen wollen demnächst die KI in ihre Produkte und Dienstleistungen integrieren und werden auf diese Weise mit der Nutzung Geld verdienen.
Wer im Moment Texte verfasst und sie ins Netz stellt oder bei der Recherche auf die Unterstützung eines Chatbots zurückgreift, kann nicht mehr nachvollziehen, ob die Informationen von Menschen oder Maschine stammen (Urheberrecht). Und so verlieren theoretische Informationen, je besser der Chatbot, an originärem Wert.
Auf der anderen Seite steigt die Bedeutung innovativer Gedanken und der persönliche Austausch, der authentisch und nachvollziehbar ist. Wird es geschützte Räume geben oder wird der Fokus auf dem persönlichen Austausch liegen (z.B. durch eine mündliche Wissensüberprüfung oder Workshops)?
Reale Welt
Bisher kann das System keine hochkomplexen Zusammenhänge wie z.B. Zukunftsaussichten, Annahmen oder Emotionen bzw. Praxis- oder Forschungsergebnisse herstellen. Während das menschliche Gehirn im Unterschied zum Sprachmodell in der Lage ist, schnell auf neue Erfahrungen und Umgebungen zu reagieren und sich anzupassen. Häufig findet der Mensch kreative Lösungen, empfindet Empathie und versteht soziale Interaktionen auf komplexe Weise zu steuern. Der Algorithmus hingegen, erkennt die Ansprache der Massen und liefert den Content, den die Benutzer lesen wollen. Er adaptiert ihre Sprache und die gewünschten bzw. bereits veröffentlichten Zusammenhänge.
CEOs und Mandatsträger Chancen KI zum Leben zu erwecken
Da stellt sich die Frage: Wie gehen Unternehmensleitungen, Beiräte, Aufsichtsräte sowie CEOs mit den Entwicklungen um, die sie nicht verhindern können? Neue Technologien im Anwendungsbereich zwingen förmlich alle mit einer vorausschauenden Haltung, sich damit auseinanderzusetzen. Ihre Verantwortung liegt darin, dafür zu sorgen, dass die KI qualitativ ins Unternehmen eingebunden wird, dass die Folgen beurteilt werden. Denn eines ist klar: Die KI lässt sich nicht mehr aus der Organisation heraushalten.
Die Chancen sind dafür enorm: Bessere Datenanalyse, da der Computer Muster erkennt und daraus Informationen generiert. Dazu ein schneller Zugang zu Infos rund um den Globus. Unterstützung bei der Kundenbetreuung durch präzise Antworten, Verbesserung des Serviceangebots, ohne vor Ort sein zu müssen (Reparaturen, Operationen), und Unterstützung für Forecasts z.B. bei der Maschinenwartung.
Derzeit hängt die genaue Verwendung von ChatGPT und anderen Sprachmodellen (KI) davon ab, wie die neuen Algorithmen bzw. die Auswirkungen auf das Unternehmen beurteilt werden. Es fehlen aber dafür noch Führungskräfte bzw. Mandatsträger, die bei der Begleitung von Unternehmen auf die neuen Rahmenbedingungen und die damit verbundenen Chancen und Risiken vorbereiten oder sie integrieren können. KI wird definitiv ab sofort unsere Entscheidungen im Privat- und Berufsleben beeinflussen und Bereiche wie Datenschutz, Compliance, Verantwortungsübernahme, Risikomanagement betreffen!
Denn bei der Eingabe von richtigen Fragen/Vorgaben, der Überprüfung bzw. Ergänzung wird viel Wissen und gutes Beurteilungsvermögen vorausgesetzt sein müssen. Dennoch können Kapazitäten frei werden, die vorher für Recherche, Findung von Argumenten, Formulierungen, Quellensuche usw. gebraucht wurden. Diese Tätigkeiten kann in Zukunft der Chatbot übernehmen und es bleibt mehr Zeit für vorausschauende Unternehmensführung, Digitalisierungsstrategie, Beurteilungen (z.B. Auswirkungen von Technologien auf das Unternehmen, Krisenmanagement).
Unternehmen sollten daher den Einsatz von Chatbots aktiv von der Unternehmensleitung aus fördern, Schulungen anbieten, auf die Gefahren hinweisen und die Kennzeichnung zur Pflicht machen.
Mein Fazit: Intelligente Hilfe für Unternehmen
Werden wir in Zukunft noch die „richtigen“ Fragen stellen können? Oder verlassen wir uns ganz auf die Antworten des geistigen, maschinellen Schatten-Gehirns? Wird sich damit die „Fastfood-Bildungs-Generation“ weiter fortsetzen?
Trotz vieler digitaler Innovationen und auch dieser neuesten, bleibt es weiterhin wertvoll, ein Sprachgefühl zu entwickeln oder ein Sprachtalent zu pflegen. Gerade in Krisenzeiten steigt der Bedarf an menschlicher Kommunikation inklusive der Mimik, Gestik und Haltung, um mit dieser Fähigkeit Konflikte zu lösen. Auch der Austausch bzw. die Empathie und die vorausschauende Führung verbindet uns Menschen bzw. stärkt Unternehmen. Dies können intelligente Maschinen nicht ersetzen. Der Wert der verbindenden Sprache wird steigen und man wird den Lesegenuss wieder entdecken. Weil sich aus „rückblickender Massenmeinung“ bzw. „Fastfood“-Informationen kein Drei-Sterne-Menü kreieren lässt. Doch dafür braucht es Fachkräfte, die auch entsprechend bezahlt und wertgeschätzt werden müssen.
Es ist ein Weckruf für Unternehmen ihre Leitungs-Gremien mit Digital-Experten/innen zu besetzen, die mit Weitsicht handeln, die Konsequenzen der Digitalisierung bzw. des menschlichen Handelns sehen und Unternehmen in die Zukunft führen.
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